Narrenschiff

Aus: Andrea Brill, Vom Sosein und vom Anderssein

Ich liebe die, die etwas anders ticken:
Die schrägen Vögel, originell und unkonform,
die Narren, Spinner und die leicht Verrückten,
die treu sich sind und sich verweigern jeder Norm.

Ich liebe die, die noch zu spielen wagen,
die noch empfinden, fühlen und verletzlich sind,
die sich getrauen Kindliches sich zu bewahren
bar jeden Nutzens, frei von jedem Sinn.

Statt sie schon in den Schulen anzupassen,
in Schubladen zu stecken
und geradzubiegen,
sollten den Mut wir loben
auch mal anzuecken
und nicht dem Druck der Gruppe zu erliegen.

Ich liebe die, die sich nicht jeder Mode beugen,
die pfeifen auf Getuschel oder schräge Blicke,
die hinterm äuss’ren Schein sich nicht verleugnen
und stark genug sind nicht gleich einzuknicken,

wenn sie gemieden werden und verlacht,
verspottet, an den Rand gestellt.
Die manchmal weinen, heimlich, in der Nacht,
doch tags darauf erneut sich stell’n den Widrigkeiten dieser Welt.

Wer glauben wir zu sein, uns Urteil anzumassen,
was für ein Leben wertvoll ist und welches nicht?
Jahrzehnte später erscheint das, was einst die Massen
Für richtig hielten, oft in einem andern Licht.

Ist es erstrebenswert «normal» zu sein,
wenn es zur Norm gehört in dieser Welt,
dass Burnouts, Suizide, Herzinfarkte
geopfert werden unserm Gott, dem Geld?

Statt uns von denen inspirier’n zu lassen,
die etwas abseits stehen, deren Blick
noch nicht verblendet ist vom Klingeln in den Kassen,
geh’n rasch vorbei wir und schau’n nicht zurück.

Lasst uns doch jene in die Mitte nehmen,
die draussen stehen, an den Rand gedrängt,
die Lebenskünstler, Aussenseiter und die Unbequemen,
von der erbarmungslosen Wirtschaft abgehängt.

Sie soll’n uns Aufruf sein, Inspiration
Uns’re Gesellschaftsordnung neu zu denken,
damit sich’s einst wieder darin zu leben lohnt
und nicht mehr Oligarchen alles lenken.

Eine Gesellschaft voller Mitgefühl und Fantasie,
In der nicht Geld regiert und nicht des Stärk’ren Faust,
stattdessen Solidarität und Empathie
uns garantier’n, dass niemand unter Brücken haust.

Wenn nicht das Tun beurteilt wird, sondern das Sein,
wenn inn’re Schönheit mehr zählt als der äuss’re Schein,
wenn Gegensätze uns nicht mehr entzwei’n
Dann wird es möglich, unter Menschen Mensch zu sein!

 
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