Geburtstag

Aus: Monika Stalder, Mein selbstbestimmter Weg

Als die Welt auf eine gewöhnungsbedürftige Art stillstand, wurde NIKA ein Jahr alt. Mitte März vor einem Jahr wurde unser «Baby» im Handelsregister eingetragen. Die Möglichkeiten zu feiern waren begrenzt. Trotzdem war ich der Meinung, dass es definitiv einen Grund dazu gab. Es war ein Meilenstein für mich, dass wir es bis hierhin geschafft hatten. Schliesslich kann man zu Beginn nie ganz abschätzen, wie man in der Selbstständigkeit unterwegs sein wird. Logischerweise hofft man – und das ist auch gut so –dass dieses Vorhaben klappt und man lange damit Erfolg haben wird, aber wissen kann man es schliesslich nie. Eine gewisse Zuversicht braucht es einfach, wenn man bereit ist, eine Firma zu gründen.

Das Gefühl war ungefähr so ähnlich wie damals, als Löru mich, kurz nachdem wir zusammen gekommen waren, gefragt hatte, ob ich auch an sein Konfirmationsessen kommen möchte. Ich antwortete mit «Ja», schob aber schnell hinterher «wenn wir dann immer noch zusammen sind». Man weiss schliesslich nie, wo so eine Beziehung hinführt. Heute, 22 Jahre später, haben wir zusammen eine Firma und ich bin stolz darauf. Richtig stolz, dass wir es trotz aller Hindernisse und Schwierigkeiten bis hierher geschafft haben. In meinen Augen mussten wir das feiern.

Es war ein sonniger Frühlingstag und wir beschlossen das erste Mal in diesem Jahr draussen auf unserer gemütlichen Terrasse zu essen. Ein schön gedeckter Tisch, dazu ein leckerer Wein und ein feines Fondue liessen den ersten Geburtstag von NIKA zwar nicht unbedingt spektakulär erscheinen, aber uns bedeutete dieses Ereignis sehr viel. Wir zelebrierten es sogar mit einem Geburtstagskuchen.

Es war ein schöner Abend und liess mich hoffen. Ich wusste, dass noch viel Arbeit vor uns liegt. Nicht im Sinne von Arbeit, die wir im Büro oder bei unseren Kund:innen erledigen müssen, sondern Arbeit an uns selbst. Wir können nicht erwarten, dass unsere Firma Erfolg haben wird, ohne dass wir nicht auch an uns selbst arbeiteten. Meiner Meinung nach kann man sich nicht nur auf die Arbeit die Geld generiert konzentrieren und glauben, alles andere werde sich dann schon ergeben. Für mich ist das ein Trugschluss. Ich kann mir vorstellen, dass es funktionieren kann oder weiss sogar, dass es funktioniert. Es gibt viele Firmen, die nur auf diese eine Weise agieren und arbeiten, damit sie Erfolg im Sinne von Gewinnen erzielen können. So eine Art Firma will ich aber nicht haben. Ich will eine Firma, die in sich selbst Erfolg hat. Menschlich wie geldtechnisch. Geld alleine macht mich persönlich nicht glücklich. Da könnte ich mich auch gleich wieder bei einer anderen Firma anstellen lassen, wo ich mehr verdienen würde als bei NIKA. Unsere Firma garantiert mir jedoch die Freiheit, meine Vision eines zukunftsorientierten Unternehmens umzusetzen, eine Möglichkeit, die ich in einem Anstellungsverhältnis nur bedingt erhalten würde.
Ich versuchte in meinen bisherigen Anstellungen immer meine Werthaltungen und meine Ideen einzubringen. Zum Beispiel in der Personalführung, in den Finanzen und in der Wirkung nach aussen. Die Ideen wurden von meinen damaligen Vorgesetzten meistens angehört und für gut befunden. Geändert hat sich aber häufig nicht viel. Da ich jeweils nicht in der Position war, diese Ideen alleine umzusetzen oder zu delegieren, versandeten sie schlussendlich. Mehr als immer wieder darauf hinzuweisen blieb mir nicht. Mir waren die Hände gebunden und das frustrierte mich. Ich wusste, dass meine Art zu denken oder meine Vision ein Unternehmen zu führen eher unkonventionell waren. Aber irgendetwas tief in mir drin liess mich wissen, dass dies für mich der richtige Weg ist. Den Weg, wie ich eine Firma führen möchte. Den Weg, wie ich Erfolg definiere. Damit ich beweisen konnte, dass ich in all den Jahren nicht komplett daneben lag mit meinen Ideen und Vorstellungen, gründete ich mit Löru zusammen meine eigene Firma. Ich will ausprobieren, ob ich mit meiner Vision Erfolg haben werde. Da ich an keiner bisherigen Arbeitsstelle die Chance dazu erhielt, verschaffe ich mir die Chance halt selbst.

Deshalb war der erste Geburtstag von NIKA umso mehr ein Grund zu feiern. Ich war mit meiner Idee bisher nicht gescheitert und es schien zu funktionieren. Bis zum heutigen Zeitpunkt auf jeden Fall schon mal. Ich hatte noch viel vor und hatte unglaublich viele Ideen, die ich umsetzten wollte. Für den Beginn war dies hier aber schon ganz und gar nicht schlecht. Schliesslich muss man irgendwo starten und schauen, wo die Reise hinführt. Zugegeben, vor einem Jahr hatte ich eine ganz andere Vorstellung wie NIKA unterwegs sein sollte. Auch Löru. Heute lachen wir darüber. Zum Teil waren es utopische Vorstellungen. Mit vielen Angestellten, vielen Aufträgen, supermodernen Büros und andere Chichis und Chachas. Ich weiss gar nicht, woher diese Ideen kamen? Wahrscheinlich waren es einfach allgemeine Ziele, die ein neues Unternehmen haben sollte. Bewertet von der Aussenwelt. Ergo kamen diese Vorstellungen aus dem Aussen und nicht aus meinem Inneren. Sobald ich nämlich eine solche Aussen-Idee angehen und umsetzen wollte, sträubte sich alles in mir drin.

Auch wenn es anstrengend und absolut nicht einfach war und immer noch ist, lohnt es sich, den unkonventionellen Weg zu gehen. Wir mussten nach einem Jahr bemerken, das schnelles Wachstum für uns nicht stimmig ist. Zuerst wollten wir unsere Beziehung als Geschäftspaar stärken und in einem ersten Schritt diesbezügliche Probleme ausmerzen, bevor wir überhaupt an Expansion denken. Wir hatten viel zu tun. Viel lief schief letztes Jahr. Viel ging kaputt. Und vieles lies uns zweifeln. Nichts fühlt sich jedoch so gut an, wie wenn man sich für «seinen» Weg entschieden hat und für diesen einsteht. Trotz aller Vorbehalte, die immer wieder von aussen zu einem durchdringen. Viele Leute wissen vermeintlich immer, was das Beste für einen ist. Gerne höre ich mir ihre Meinungen und Ideen an. Ich kann immer etwas davon mitnehmen. Gleichzeitig schmerzt es, wenn andere Leute dir das Gefühl geben, auf dem Holzweg zu sein und dass deine Art, ein Unternehmen zu führen, nie und nimmer funktioniert.

Ich werde es schon noch beweisen. Ein Jahr lang ging es bisher gut und ich hoffe inständig, dass ich recht behalten werde und noch lange mit meinen Einstellungen erfolgreich unterwegs sein kann. Nicht weil ich es allen anderen zeigen möchte – ok, vielleicht ein bisschen – aber nein, weil ich wirklich tief in mir drin weiss, dass die Art Geschäfte zu führen, wie wir sie bisher kannten, überholt ist. Wir müssen weitergehen. Wir müssen uns den Begebenheiten der Umwelt anpassen. Wir müssen nachhaltiger werden. Wir müssen viel menschenorientierter unterwegs sein und was noch viel wichtiger ist, wir müssen alle zusammenspannen, damit wir vorankommen. Durch und durch in allen Belangen. Deshalb ist eines unserer Mottos auch: «Wir kennen keine Konkurrenz». Wir schauen nicht nach links oder rechts, wie es andere machen. Das würde uns als eigenständiges und visionäres Unternehmen nur hemmen. Wir schätzen alle unsere Mitbewerber:innen, aber konzentrieren uns vor allem auf uns selbst. Was tut uns gut? Was macht uns glücklich? Bleibt NIKA so gesund? Das sind die zentralen Fragen, die wir uns immer wieder stellen. Viele Menschen in unserem Umfeld verstehen diese Einstellungen nicht. In ihren Augen sollte man sich eher fragen: Wie viel Geld können wir hier verdienen? Können wir hier einen bessern Deal als unser:e Konkurrent:in abschliessen? Können wir mehr Leute anstellen, damit wir mehr Projekte umsetzen können? Können wir mehr Büroräume dazu mieten, um grösser zu werden? Und so weiter und so fort. Alles Fragen, die mir die Galle hochbringen. Für mich komplett ein falscher Weg, aber es muss schlussendlich auch nur für Löru und mich stimmen, das ist die Hauptsache.

Gibt es Veränderungen bei NIKA oder stehen grössere Entscheide an, stellen wir uns zuallererst immer die Frage: Bleiben NIKA und wir gesund und glücklich dabei? Und erst dann kommt das Bedürfnis der Kundin oder des Kunden. Beantworten wir nämlich unsere Frage mit «Ja» erhält unser:e Auftraggeber:in motivierte NIKA-Leute und ein wohldurchdachtes und sauber ausgeführtes Projekt. Schon alleine aus dem Grund, weil wir dieses Projekt umsetzten wollen und das nicht des Geldes wegen. Was kann ein:e Auftraggeber:in mehr wollen?

 
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Drei kleine Autogeschichten [Ausschnitt]

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Horst und seine Huskys